Marijke van der Ploeg lebt mit ihrem Mann in Portugal, wo sie eine Ruine in einen kleinen Palast verwandeln. Am liebsten sitzt sie in ihrem chaotischen Schreibbüro, auf der Terrasse oder im Auto - auf der Suche nach ungewöhnlichen, natürlichen Weinen. Für die Kolumne Natural Wine Tasting at...besucht sie Naturweingüter in Europa und nimmt Sie mit in die Welt des Naturweins.
Derzeit reisen mein Mann und ich durch Südkorea: das Land der Fermentation. Das schmeckt man nicht nur in den Restaurants, sondern sieht es auch auf der Straße. In den Innenhöfen von Wohnblocks stehen riesige Töpfe, in denen Kimchi aus verschiedenen Familien gärt. Neben diesem eingelegten Kohl und Gemüse sind auch Gewürze wie Gochujang und der Reiswein Makgeolli aus der koreanischen Küche nicht wegzudenken. Und was ist mit (natürlichem) Wein, meinem Lieblingsfermentationsprodukt? Jetzt, wo ich hier bin, werde ich es erforschen. Die perfekte Urlaubsüberbrückung.
Mehr Wein
Zunächst ein paar Zahlen - für alle, die wie ich wenig über die südkoreanische Weinkultur wissen: Zwischen 2016 und 2024 stieg das Volumen der Weinimporte von 38 auf 52,5 Millionen Liter (mit einer gigantischen Spitze von 71 Millionen Litern während der Corona-Pandemie). Es scheint also, dass das Interesse stetig wächst.
Übrigens spielt Wein beim Gesamtalkoholkonsum der Südkoreaner nach wie vor eine untergeordnete Rolle: Laut WHO lag sein Anteil 2016 bei 1,9%. Es wird erwartet, dass dieser Anteil bis 2028 auf über 9% steigen wird. Zum Vergleich: Der Gesamtalkoholkonsum der Niederländer und Koreaner ist mehr oder weniger gleich, aber bei uns beträgt der Anteil des Weins etwa 35%.
In der koreanischen Weinlandschaft bildet Naturwein immer noch eine Nische, die aber immer beliebter wird - wenn man den Menschen, mit denen ich spreche, Glauben schenken kann. Vor allem in der Hauptstadt Seoul ist Naturwein angesagt.
Weinbars in Seoul
Das zeigt sich an der wachsenden Zahl von Naturweinbars und Restaurants in der Stadt. Im Jahr 2017 wurde die erste Bar eröffnet - mittlerweile sind es laut der Naturweinplattform Raisin 25 (von insgesamt über 400 Weinbars) und 30 Restaurants, die ebenfalls Weine mit minimaler Intervention anbieten. Die Preise für ein Glas liegen zwischen sechs und 14 Euro.
Schon bald stelle ich fest, dass die Liste auf Raisin nicht sehr aussagekräftig ist: alle Adressen, die ich besuche, sind nicht darauf zu finden. Mein Mann und ich entdecken sie zufällig oder sie werden uns von anderen Naturweinliebhabern empfohlen.
Von allen Dingen
Ein Zufall ist ein Restaurant Ripper. Sie erklären, dass sie absichtlich sowohl natürlichen als auch normalen Wein anbieten, damit jeder etwas nach seinem Geschmack findet. Wir sehen das an mehreren Dingen: Sogar in kleinen Lokalen stehen manchmal ein paar Flaschen Naturwein zwischen den vielen anderen alkoholischen Erfrischungen.
Bei Ripper erfahren wir, dass das Gastgewerbe nur von staatlich zugelassenen Importeuren kaufen kann, die hauptsächlich Weine aus Frankreich, Spanien, Italien, den USA, Chile und Australien führen. Weine aus weniger bekannten Ländern sind daher in Südkorea kaum anzutreffen. Übrigens bieten die Importeure zunehmend natürliche Weine an - ein weiteres Zeichen für deren steigende Beliebtheit.
Instagrammbares Getränk
Die Besitzer von Ripper raten uns, zu Ama zum Mitnehmen. Hier trinken wir einen großartigen spanischen Naturwein: Els Bassots, einen in einer Amphore gereiften Chenin Blanc vom Weingut Escoda-Sanahuja (in den Niederlanden erhältlich, sehr empfehlenswert!).
Laut den Inhaberinnen ist es nicht verwunderlich, dass Naturweinbars in Seoul wie Pilze aus dem Boden schießen, denn Naturwein ist relativ neu und Seoul mag es hip. Außerdem sind die Etiketten oft bunt und künstlerisch gestaltet: perfekt für Instagram, das häufig genutzt wird. Außerdem hat Naturwein ein gesünderes und kultivierteres Image als Bier und das weit verbreitete koreanische Getränk Soju - und auch das kommt bei jungen Leuten gut an.
Joghurt in der Nase, Zitrusfrüchte im Mund
Mein Wunsch, koreanischen Wein zu probieren, geht in Erfüllung bei Kommentar Klänge. In Südkorea werden 99% des Weins importiert, so dass es etwas ganz Besonderes ist, einen nationalen Wein zu trinken. Der junge Besitzer bietet uns den Wein "Meogom" an, den er als Joghurt in der Nase und Zitrusfrüchte am Gaumen beschreibt - und das ist absolut richtig. Dieser sehr trockene Naturwein enthält nur 7% Alkohol und wird zu koreanischen Gerichten gereicht.
Wahrscheinlich ist die Fähigkeit, Speisen zu kombinieren, auch ein Grund dafür, dass Naturwein in dem Land immer beliebter wird. Die lebendigen und dynamischen Aromen der natürlich vergorenen Weine passen gut zu den reichhaltigen, würzigen Aromen der südkoreanischen Küche - so die Aussage eines bekannten südkoreanischen Sommeliers.
Qualität im Glas
Es scheint also, dass Weine mit minimaler Intervention einen kleinen, aber festen Platz in der südkoreanischen Weinszene erobert haben: Sie gehören einfach zu den anderen Getränken auf der Speisekarte. Außerdem kann man sich in der Regel auf qualitativ hochwertige Weine verlassen, denn wie mein deutscher Mann sagt: Niemand schleppt einen Scheißwein bis nach Süd-Korea. Da ist kein Stift drin.
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